Wissen - Kennenlernen
Heißt Schwarmtier immer Schwarmhaltung?
In den Weiten Australiens, der Heimat unserer gefiederten Freunde, leben sie in kleineren und größeren Schwärmen und gehen zusammen auf Nahrungssuche. Unter ihnen bilden sich Paare, die oft ein Leben lang zusammen bleiben. Der Schwarm macht alle Dinge des täglichen Lebens gemeinsam, fressen, putzen, schlafen, baden usw. Allein sind Nymphensittiche in der Natur nur anzutreffen, wenn sie krank sind und deshalb vom Schwarm ausgeschlossen wurden. Dieses Verhalten der sonst so sozialen Vögel dient dem Schutz der Gemeinschaft vor ansteckenden Krankheiten und ist auch der Grund, warum Nymphensittiche sich niemals anmerken lassen, wenn sie krank sind.
Für uns als Halter ist das sehr wichtig zu wissen, denn ein Vogel, der auffällige Symptome zeigt, ist zu schwach geworden, diese zu verbergen und daher immer als absoluter Notfall anzusehen!
Experten der EXOPET-Studie empfehlen
- die Haltung von zwei Nymphensittichen bzw. paarweise oder besser
- eine Haltung in kleinen Gruppen (entsprechender Platz vorausgesetzt!)
Experten der EXOPET-Studie sehen es als gravierenden Haltungsfehler, wenn
- ein Nymphensittich dauerhaft einzeln gehalten wird
In freier Natur bedeutet der Schwarm Sicherheit für jedes einzelne
Mitglied. Kommunikation sowie gegenseitige Gefiederpflege sichern den
Zusammenhalt. Dies vorausgeschickt wird schnell deutlich, dass ein
Nymphensittich in Gefangenschaft sein soziales Verhalten nur dann
ausleben kann, wenn mehrere Tiere gehalten werden.
Ein einzelnes Tier
müsste ständig in Alarmbereitschaft sein, da ihm der Schutz und
Rückhalt der Schwarmgemeinschaft fehlt. Es könnte sich zu keiner Zeit
normal entspannen und würde innerhalb kurzer Zeit psychisch und physisch
leiden. Dies äussert sich vor allem in Dauerschreien oder
„selbstzerstörendem“ Verhalten – Federrupfen. Solche Vögel tragen fast
immer, auch bei späterer Resozialisierung, bleibende Schäden davon. Die
Wiedereingliederung in einen Schwarm kann durchaus Jahre dauern, ist
aber der einzige Weg, einem derart geschädigten Tier noch ein
lebenswertes Dasein zu ermöglichen.
Der leider immer noch
verbreitete „gute Rat“, erst einen Vogel anzuschaffen, da dieser
schneller zahm würde, nutzt die Hilflosigkeit des isolierten Vogels aus.
Die „Zahmheitserfolge“ sind darauf zurückzuführen, dass sich der Vogel
dem Menschen als „Ersatzpartner“ anschließt, um den Dauerstress, unter
dem er steht, abzumildern. Eine so erzwungene Freundschaft zwischen
Mensch und Tier bedeutet aber immer, dass sich der Vogel dem Menschen
anpassen muss und führt meistens zu schweren Fehlprägungen.
Das heißt, der Vogel unterdrückt seine natürlichen Instinkte und
Bedürfnisse und „vergisst“ regelrecht, dass er ein Vogel ist – er
erkennt Artgenossen nicht mehr als solche an.
Dies erscheint auf
den ersten Blick wünschenswert, wenn man nur einen, vor allem sehr
zahmen, Vogel möchte. Allerdings müssen Menschen einkaufen, arbeiten,
Arztbesuche machen usw. Seinen Nymphensittich kann man da nicht
mitnehmen und in dieser Zeit leidet er extrem, denn er wartet auf die
Rückkehr seines Partners Mensch. Nicht selten rupfen und schreien solche
Vögel ununterbrochen in Abwesenheit „ihres“ Menschen, auch wenn dieser
nur das Zimmer verlässt, um auf die Toilette zu gehen. Der Vogel wird
anstrengend, mitunter auch eifersüchtig und daher aggressiv gegen andere Familienmitglieder,
die Nachbarn beschweren sich wegen dem dauernden schrillen Geschrei …
das Tier wird abgegeben. Dies alles klingt extrem, uns sind jedoch
leider viele solcher Fälle bekannt.
Dabei ist das völlig unnötig, denn entgegen der landläufigen Meinung können gerade zwei oder mehr Tiere schneller zahm werden!
Nymphensittiche,
die (idealerweise) in einem kleinen Schwarm oder zumindest mit einem
Partner leben, haben die Sicherheit, ihr normales soziales Verhalten
auszuleben, und dies schließt mit der Zeit und viel Geduld auch den
Menschen mit ein. Die neugierigen und verspielten Vögel kommen oft sogar
von selbst auf den Halter zu, zeigen Interesse an allem, womit er sich
beschäftigt und wollen „dabeisein“. Eine so zustande kommende
Freundschaft basiert auf Vertrauen und ist nicht nur für den Menschen,
sondern auch für die intelligenten Vögel eine Bereicherung.
Im Gegensatz zu einzeln gehaltenen Sittichen werden die Vögel auch kaum Verhaltensweisen wie Schreien, Rupfen oder Begattungsversuche des Menschen zeigen, denn es ist immer jemand da mit dem man sich „auf nymphisch“ unterhalten kann.
Daher sollten von Anfang an immer mindestens zwei, wenn möglich
gegengeschlechtliche Tiere gehalten werden. Ein Mensch, egal wie
intensiv er sich um den Vogel kümmert, kann niemals Ersatz für einen
artgleichen Partner sein!
Der Mensch – wir alle - halten
Nymphensittiche, um unseren Alltag zu bereichern oder weil wir Freude an
ihnen haben. Es ist unsere Entscheidung, nicht die der Vögel.
Ein artgerechtes Leben können wir ihnen nicht bieten, aber wir können und sollten zumindest dafür sorgen, dass sie sich in unserer Obhut möglichst wohlfühlen, ihr natürliches Verhalten ausleben und vielleicht sogar glücklich sein können.
Exkurs Österreich und Schweiz:
Aufgrund der beschriebenen Probleme, die sich aus der Einzelhaltung ergeben können, haben sich die Schweiz und auch Österreich dafür entschieden, die Einzelhaltung im Tierschutzgesetz zu verbieten. In diesen Ländern dürfen alle Papageienvögel nicht ohne besonderen Grund einzeln, sondern müssen mindestens paarweise gehalten werden.
interessante Forenbeiträge:
weiterführende Weblinks:
Autor: lilith und Susi, letztes Update: 20.07.2019